Lipizzaner im Rasseportrait
Steckbrief
Rassebezeichnung: Lipizzaner
Stockmaß: 153 – 158 Zentimeter
Häufige Farben: Schimmel, selten Braune oder Rappen
Ursprungsland: Slowenien
Hauptsächliche Eignung: Reitpferd, Fahrpferd
Charakter: Sensibel
Besonderheiten: Weltbekannt durch die Vorführungen der Spanischen Hofreitschule in Wien
Herkunft und Geschichte
Das Gründungsgestüt der Lipizzaner liegt in Slowenien in Lipica. Dort gründete Erzherzog Karl II von Innerösterreich 1580 das Hofgestüt Lipica. Der Lipizzaner entstand aus dem robusten Karstpferd, dem Pferd der Gegend um Lipica, das mit Kladrubern, Frederiksborgern und Neapolitanern sowie mit Arabern und spanischen Pferden gekreuzt wurde. Die Karstgegend um Lipica ist sehr karg, sodass die Pferde, die man ursprünglich als Spanische Karster bezeichnete, sehr genügsam sein mussten.
Nach dem ersten Weltkrieg wurden die Lipizzaner in Piber / Österreich gezüchtet. In der Spanischen Hofreitschule in Wien, die in den Jahren 1729 bis 1735 von Kaiser Karl VI erbaut wurde, reitet man traditionell Lipizzaner. Bis heute hat man sich dort der klassischen Reitkunst verschrieben.
Der Bestand der barocken Pferde hat jedoch im Zweiten Weltkrieg stark gelitten, sodass nur elf Pferde ins heimische Lipica zurückkehrten. Mit einem Zuchthengst der Siglavy-Linie wurde die Zucht mit Lipizzanern, die eher dem Reitpferdetyp entsprechen, wieder aufgebaut. Im österreichischen Piber werden kleinere, barockere Lipizzaner für die Spanische Hofreitschule in Wien gezüchtet. Erhalten geblieben sind neben den Zuchten in Lipica und Piber vor allem die im Traditionsgestüt Topolianky in der Slowakei, in Rumänien im Gestüt in Simbata de Jos und in Ungarn.
Es gibt sechs traditionelle Hengst-Linien, deren Namen man bis heute findet: Den Schimmel Pluto, den Rappen Conversano, den Falben Favory, den Schimmel Maestoso, den Braunen Neapolitano und den Schimmel Siglavy. Zudem gibt es noch die Tulipan-Linie, deren Pferde meist braun sind, und die Siglavy-Capriola-Linie mit Rappen mit Abzeichen. Diese Linien finden sich auch heute noch in der Namensgebung wieder: Traditionell bekommen Lipizzanerhengste bei der Geburt einen Namen, der sich aus der Stammlinie des Vaters und dem Namen der Mutter zusammensetzt. Stutfohlen erhalten einen Namen aus der Generation der Mutterlinie, sodass auch hier die Namen immer wiederkehren.
Leider gehören Lipizzaner heute zu den bedrohten Haustierrassen, mit weltweit nur wenigen Tausend Individuen (geschätzt ca. 3000 bis 4000 Exemplare) sind sie auf der sogenannten Roten Liste.
Interieur
Lipizzaner sind sensibel und menschenbezogen. Manche Linien gelten aber auch als etwas schwieriger, weil sie recht temperamentvoll sind. Man sagt den Lipizzanern einen starken Willen nach, der nicht immer einfach zu händeln ist. Eine hohe Lernbereitschaft und eine ebenso hohe Arbeitsfreude zeichnet die barocken Schimmel aus, die sich hervorragend für schwere Lektionen der klassischen Dressur eignen.
Exterieur
Lipizzaner sind Spätentwickler, frühestens mit vier Jahren sind sie ausgewachsen. Das mittelgroße, kompakte Pferd hat einen nicht allzu langen Rücken und einen manchmal groben Kopf. Der Hals ist hoch aufgesetzt, was den Pferden einen stolzen Ausdruck verleiht. Lipizzaner sind kräftig und haben in der Regel sehr gute Hufe. Ihr Langhaar ist weniger üppig als das eines Spaniers, aber auch bei ihnen ist eine deutliche Aktion der Vorderhand typisch. Die meisten sind kleiner als 160 Zentimeter und recht kräftig.
Die Fahrpferde, sie in Ungarn gezüchtet werden, sind oft etwas größer und haben einen langen Rücken. Eigentlich sind alle Lipizzaner Schimmel, aber manche sind Braune, die der Tulipan-Linie entstammen, oder Rappen der Siglavy-Capriola-Linie.
Eignung/Nutzung
Lipizzaner eignen sich vor allem für die klassische Dressur und das Fahren. Im Dressur oder Springsport sind Lipizzaner kaum zu sehen, aber die Show liegt ihnen: Der Rapphengst Neapolitano XXIX-18 wurde beispielsweise als Filmheld in „Penny’s Shadow“ bekannt und trat bei der Appassionata-Tour in Holland, Deutschland, Belgien und Großbritannien auf. Im Sport trifft man Lipizzaner eher als Fahrpferde, wo sie beispielsweise die Zweispänner-Weltmeisterschaft in Topolianky 2013 dominierten.
Ihr ganz besonderes Talent liegt aber in der klassischen Dressur, der hohen Schule. In den Vorführungen der Spanischen Hofreitschule in Wien begeistern die Pferde ihre Zuschauer und zeigen dort auch die seltene „Hohe Schule über der Erde“. Hierzu gehören die Levade, Passade oder Courbette. Auch im slowenischen Lipica gibt es solche Dressurvorführungen für Besucher. Für Freizeitreiter eignen sich Lipizzaner natürlich ebenso. Ihre handliche Größe und ihre Dressurtalent begeistern ihre Reiter.
Haltung
Entsprechend ihrer Herkunft aus dem Karstgebiet Sloweniens sind Lipizzaner genügsame Pferde. Zu nährstoffreiche Weiden lassen sie dick werden, zu viel Kraftfutter vertragen sie nicht. Der Lipizzaner gilt als genügsam und unkompliziert, benötigt aber unbedingt eine ausreichend lange Aufzuchtszeit, da er ein Spätentwickler ist.
Silke Behling ist selbstständige Redakteurin und arbeitet sowohl im Buch – als auch im Zeitschriftenbereich. Ihre Veröffentlichungen reichen von Fachbüchern bis zu Zeitschriftenartikeln. Als Diplom-Pädagogin liegt ihr der Bereich Bildung und Kinder besonders am Herzen, weshalb sie seit vielen Jahren für das Kindermagazin „Piaffino“ schreibt. Zudem bietet sie als ausgebildete Pferde-Physiotherapeutin (DIPO) Akupunktur und Physiotherapie für Pferde und Hunde im Raum Osnabrück an. Ihre Freizeit genießt sie mit ihrem inzwischen 24-jährigen Vollblutaraber El Santee, mit dem sie beim Distanzreiten früher Wettkämpfe bis zu 120 Kilometern bestritten hat, und ihren beiden Hunden Lotta und Easy.