In der Antike glaubte man noch, dass Schmetterlingsraupen eigenständige Tierarten darstellten. Diese naive Vorstellung ist natürlich längst überholt. Heutzutage weiß fast jedes Kind, dass die Raupen der Schmetterlinge aus Eiern schlüpfen und vor der Umwandlung ein Puppenstadium durchmachen. In der Biologie spricht man hier von einem Holometabolismus, einer vollständigen Verwandlung, da die Entwicklungsstadien Ei – Larve – Puppe – Imago durchlaufen werden. So weit, so gut. Diese beeindruckende Metamorphose lässt sich aber nicht nur anhand von Bildern und Videos erfahren, sondern auch durch die direkte Beobachtung. Wenn du ein paar Aspekte beachtest, kannst du nicht nur wunderschöne Schmetterlinge beobachten, sondern die ganze Verwandlung live erleben.
Wie kann man die Metamorphose beobachten?
Um eine Verwandlung von Schmetterlingsraupe zu Schmetterlingspuppe zu erwachsenem Schmetterling zu beobachten, benötigt man
- ein geeignetes Terrarium, beispielsweise eines aus Kunststoff, oder einen Raupenkasten
- Schmetterlingsraupen
- frisches Futter
Das Vivarium sollte hochkant ausgerichtet sein. Es muss eine entsprechende Durchlüftung aufweisen, sodass die Luft gut zirkulieren kann, sich keine Staunässe bildet, aber auch keine vorschnelle Abtrocknung der Futterpflanzen stattfindet. Nun muss man nur noch einen geeigneten Standpunkt im Freien wählen, der nicht direkt von der Sonne bestrahlt wird, da sonst das Terrarium zu leicht überhitzen kann. Anschließend muss man regelmäßig für frisches Futter sorgen und aufmerksam beobachten, wann Entwicklungsstufen erfolgen, denn auch die Raupen häuten sich und die Puppen sind teilweise recht unscheinbar und sehen weder wie die Raupe noch wie der fertige Falter aus.
Die Schmetterlingsraupen kannst du ganz einfach mitsamt der Futterpflanze einsammeln. Selbstverständlich solltest du auf das Wohl der Tiere achten und nur zwei oder drei Raupen einsammeln, da sonst der Platz im Terrarium zu klein wird.
Welche Futterpflanze ist geeignet?
Als ideale Futterpflanze eignet sich die Gemeine Brennnessel. Diese häufig als Unkraut verachtete Pflanze ist eine der wichtigsten Nahrungsgrundlagen der heimischen Falter. Teilweise kommen Brennnesseln lokal in großer Zahl vor, sodass es für dich nicht schwer sein wird, frisches Futter für deine Raupen zu beschaffen.
Kann man alle Schmetterlinge beobachten?
Schmetterlingsraupen sind häufig Nahrungsspezialisten und verzehren nur ausgewählte Nahrung. Wenn die Schmetterlingsraupe auf der Futterpflanze angetroffen wird, vielleicht sogar fressend, so ist dies ein untrüglicher Beweis dafür, dass die Pflanze die passende Raupennahrung darstellt. Auf der oben genannten Brennnessel findest du unter anderem das Tagpfauenauge, ein schön anzusehender und noch häufig anzutreffender Tagfalter. Aber auch die Raupen von Admiral, C-Falter und Kleiner Fuchs fressen diese Pflanze. Bei der Wahl von Brennnessel als Futterpflanze ist somit gewährleistet, dass keine seltenen oder geschützten Arten gesammelt werden.
Welche Pflegeaufgaben musst du übernehmen?
Eine tägliche Befindlichkeitskontrolle ist die wichtigste Aufgabe. Nur so lassen sich Veränderungen feststellen und nur so kannst du rechtzeitig geeignete Maßnahme ergreifen. Das Terrarium sollte weder zu trocken noch zu feucht sein. Mit einem Handsprühgerät kannst du bei Bedarf befeuchten, ohne dabei die Tiere direkt zu besprühen. Eine Temperaturkontrolle ist nur insofern notwendig, um einer Überhitzung vorzubeugen. Bei der richtigen Standortwahl dürfte dies kein Problem sein. Bei der Fütterung musst du spätestens alle drei Tage für frische Brennnesseln sorgen. Es reicht vollkommen aus, ein Gefäß mit frischem Futter hineinzustellen und zu warten bis die Raupen dieses als Nahrungsquelle für sich entdeckt haben. Anschließend kann das alte Futter entsorgt werden.
Was mache ich mit dem ausgewachsenen Falter?
Nach der Verpuppung erscheint die Imago, das erwachsene Tier. Nun weißt du, welche Schmetterlingsraupe du beobachtet hast, falls du bei der Artbestimmung im Raupenalter noch unsicher warst. Und nun ist der Zeitpunkt gekommen, das Tier wieder in die Freiheit zu entlassen, denn nun kannst du dem Falter keine artgerechte Haltung mehr ermöglichen. Nun solltest du ihn wieder dort entlassen, wo du die Futterpflanzen aufgesammelt hast. Manche Falter leben als erwachsene Tiere übrigens nur ein paar Wochen, wenig Zeit um sich fortzupflanzen und die Eier auf den Futterpflanzen abzulegen.
Was machen Schmetterlinge eigentlich im Winter?
Manche Schmetterlinge, wie der Admiral oder der Distelfalter, fliegen Richtung Süden, ähnlich wie Zugvögel. Diese Falter bezeichnet man als Wanderfalter. Die meisten heimischen Falter überwintern als Ei, Raupe oder im Puppenstadium und erlangen erst im Folgejahr die Geschlechtsreife. Tagpfauenauge, C-Falter und Großer Fuchs suchen sich frostfreie Verstecke in Kellern oder Schuppen. Der Zitronenfalter stellt dahingehend eine Besonderheit dar, da dieser über eine Art „Frostschutzmittel“ verfügt und auch an weniger geschützten Orten als Imago überwintern kann.
Wie kann ich Schmetterlinge schützen?
Bei der Beobachtung von Schmetterlingen wirst du möglicherweise auch den Wunsch verspüren, diese harmlosen Insekten zu schützen. Die größte Bedrohung für die heimischen Schmetterlinge ist der Verlust an geeigneten Lebensräumen. Schmetterlinge ernähren sich rein pflanzlich, die Raupen verzehren Blätter spezifischer Futterpflanzen, die Imagines verzehren Nektar. Insofern stellt die Bereithaltung von Pflanzen einen wesentlichen Beitrag zum Schmetterlingsschutz dar. Gerade die unliebsame Brennnessel oder die schmerzhaft stechende Distel sind ganz wichtige Futterpflanzen. Diese nicht zu entfernen, kann vielen Raupen als Nahrung dienen.
Fazit
Um Schmetterlinge beobachten zu können, benötigt man nicht zwangsweise einen großen Geldbeutel oder viel Zeit. Im Garten und Umland, sozusagen vor der eigenen Haustür, finden sich viele spannende Beobachtungsanlässe. Die vollständige Entwicklung eines heimischen Schmetterlings ist ein faszinierendes Naturschauspiel, das man nahezu kostenlos erleben kann.
Michael Freund ist hauptberuflich Lehrer an einer bayerischen Mittelschule mit einem Faible für die belebte Natur. In seinem Studium absolvierte er Biologie als Didaktikfach. Nebenbei engagiert er sich als Autor für diverse Zeitschriften und ist tatkräftiges Mitglied in verschiedenen Vereinen, unter anderem bei den „Sukkulentenfreunden Passau“.