Es gibt verschiedenste Möglichkeiten einen Nager wie Meerschweinchen oder auch Kaninchen [kein Nagetier, sondern gehört zur Familie der Hasenartigen!!!] zu narkotisieren. Dabei sind Manche sehr sicher, Andere wiederum leider nicht wirklich. Gottseidank hat sich in den vergangenen Jahrzehnten Einiges auf diesem Gebiet getan, so dass heute das Risiko eines Narkosezwischenfalls genau so gering wie bei Hund und Katze sein kann. Hier erfährst du alles über die richtige Narkose bei Nagern und Kaninchen.
Ein kleiner Ausflug zu den Anfängen
Noch vor 50 Jahren war es vollkommen abwegig ein kleines Heimtier wie bspw. ein Kaninchen, einen Hamster oder gar eine Ratte in Narkose zu legen um sie zu operieren… schließlich wurden sie früher als Schädlinge angesehen.
Als die kleinen Heimtiere dann Einzug in Wohnungen und somit in die Herzen ihrer Halter hielten, entstand natürlich auch der Wunsch ihnen ein langes Leben zu ermöglichen. Operationen wie Kastration oder auch Tumor-Entfernungen wurden angestrebt, endeten aber leider aufgrund unzureichender Narkoseprotokolle oftmals mit dem Tod des Patienten (teils mehr als 50%).
Das Hauptproblem bei früheren Narkosen von kleinen Heimtieren war das rasche Auskühlen der Patienten – sie erwachten nach erfolgreich chirurgischem Eingriff nicht mehr und starben an Unterkühlung.
Die Begründung dafür, weiß man heute, war die Annahme man könne gut funktionierende Narkoseprotokolle inklusive Medikamtendosierungen einfach von Hunden bzw. Katzen auf das Gewicht der kleinen Heimtiere runterrechnen.
Dass sie jedoch viel temperaturempfindlicher sind, wurde erst spät entdeckt. Wenn man in Foren von Narkosezwischenfällen bei Nagern liest, kann man davon ausgehen, dass der absolute Löwenanteil auf diese veraltete Form zurückzuführen ist.
Inhalationsnarkose
Nachdem die frühere Injektionsnarkose (oftmals mit sehr günstigem Xylazin-Ketamin-Gemisch) mit sehr hohen Nebenwirkungsraten als ungeeignet eingeschätzt wurde, versuchte man es Ende des 20. Jahrhunderts mit der Inhalationsnarkose. Dabei werden die tierischen Patienten mit einem Narkosegas (meist Isofluran, früher Halothan) auf Sauerstoff als Trägersubstanz in Narkose versetzt. Entweder wurden sie dazu in begaste Plexiglasgefäße gesetzt, bekamen eine angeschlossene Atemmaske aufgesetzt oder sogar einen speziellen Tracheal-Tubus bei Kaninchen.
Bei dieser verbesserten Form kommt es zu einer verringerten Auskühlung und beschleunigten Aufwachphase, was das Risiko ebenfalls senkt. Leider lässt sich die Tiefe der Narkose schlecht beurteilen und hinzu kommt, dass beide Gase keine ausreichende Schmerzausschaltung gewährleisten. Somit ist bei chirurgischen Eingriffen ein entsprechend ergänzendes Schmerzmanagement unerlässlich!
Voll-Antagonisierbare-Anästhesie
Die heutzutage mit Abstand sicherste Form der Narkose bei Nagern und Kaninchen ist die Voll-Antagonisierbare-Anästhesie (VAA). Als Kurzform auch Triple-Narkose genannt… weil dem Patienten drei verschiedene Wirkstoffe vermischt und intramuskulär gespritzt werden, die zuverlässig zur gewünschten Bewusstlosigkeit, Schmerzausschaltung und Muskelerschlaffung führen.
Dabei kommt es bei der VAA kaum zur Auskühlung und obendrein ist sie auch sehr genau zu dosieren (selbst bei Patienten mit weniger als 100 Gramm) – somit steht einem reibungslosen Eingriff nichts mehr im Wege.
Diese Triple-Narkose ist durch ein, ebenfalls aus drei Wirkstoffen bestehendes, Antidot nach dem Eingriff komplett aufzuheben (antagonisieren) – dadurch steht der Patient unter normalen Umständen bereits 5-10 Minuten nach Injektion wieder und beginnt zu mümmeln.
Aber natürlich hat auch diese hochsichere Form einen kleinen ‚Nachteil‘ – die etwas kostenintensiveren benötigten Medikamente führen zu einem kleinen Aufpreis bei einer VAA im Gegensatz zur überholten Xylazin-Ketamin-Narkose.
Was vor der Narkose bei Nagern und Kaninchen zu beachten ist
Im Gegensatz zur Anästhesie bei Hunden und Katzen gilt es zu beachten, dass der Verdauungstrakt von Kaninchen und Nagetieren kontinuierlich beschäftigt sein will und die Patienten i.d.R. nicht erbrechen.
Daher sind diese Patienten, genau wie früher, vor dem geplanten Eingriff niemals nüchtern zu halten.
Bei allen Eingriffen an der ‚Unterseite‘ der Patienten, dazu zählen neben Gesäugetumor-OPs auch beispielsweise Kastrationen, sollte der Stall aus Sicherheitsgründen bis zu 10 Tage nach dem chirurgischen Eingriff mit Zeitungspapier oder Küchenrolle statt der üblichen Einstreu ausgelegt sein – das sieht zwar nicht schön aus, beugt aber Wundinfektionen durch Einstreu in Operationswunden vor.