Wir leben in einer Zeit, in der die Mehrhundehaltung ständig zunimmt. Mit dem ersten Hund läuft alles prima und der Gedanke, dem geliebten Vierbeiner einen Artgenossen an die Seite zu stellen, wächst. Wer das Experiment Zweithund wagen möchte, sollte sich vorab mit einigen Fragen auseinandersetzen, damit es mit dem „Neuen“ auch so richtig gut klappt. Schließlich soll auch der zweite Hund eine Bereicherung für den gesamten Haushalt sein.
Voraussetzungen für einen Zweithund
Dein Ersthund sollte sozial kompatibel sein. Aber was heißt das nun? Wenn dein Hund auf der Hundewiese, in der Hundeschule oder im Alltag gut mit Seinesgleichen zurechtkommt, heißt das nicht, dass er in seinem Zuhause einen Artgenossen auf Dauer duldet. Hier solltest du die soziale Bindung zwischen dir und deinem Hund betrachten. Welche Rolle spielt der Hund in deinem Leben. Ist er für dich ein Partner, Kinderersatz oder ein Freund? Vielleicht denkst du jetzt, was hat das mit einem Zweithund zu tun? Eine ganze Menge, denn je inniger eine Beziehung ist, desto schwieriger kann es sein, dass der „Neue“ akzeptiert wird. Drei könnte dann einer zu viel sein.
Das Thema Eifersucht und Ressourcen könnte sich einschleichen und das kann mit unschönen Konflikten enden. Wie geht dein jetziger Hund mit elementaren Dingen wie Futter, Wasser, Ruheplätzen, Garten oder Spielzeug um? Verteidigt er diese vor Menschen oder Artgenossen? Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Konflikten kommen wird, ist gegeben. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Zweithund unmöglich ist, aber es zeigt dir schon auf, dass du hier ein stärkeres Management betreiben müsstest. Du solltest Sorge dafür tragen, dass sowohl dein erster Hund stressfrei mit seinen Ressourcen umgehen kann als auch der neue Hundekumpel ohne Sorge vor deinem Ersthund seine Rechte, wie etwa Fressen, umsetzen kann.
Ein neues Mitglied in einer bestehenden sozialen Gruppe erfordert eine Neuorientierung des Alltags und der Position innerhalb der Familie. Da dem Hund aber der menschliche „Gerechtigkeitsgedanke“ fremd ist, wie: „Der andere war zuerst da, also hat er andere Rechte als der Neue“, bedeutet das, dass sich der „Neue“ nicht automatisch mit seinen Bedürfnissen hintenanstellt. Spricht man von Anpassung, ist damit gemeint, dass tagtäglich eine Orientierung und Strukturierung der Bedürfnisse des Hundes und den von außen einwirkenden Reizen erfolgt und daraus Verhaltensäußerungen entstehen. Ganz simpel ausgedrückt: Lernt Hund A, dass Hund B der Knochen wichtig ist und er ihn möchte, Hund A der Knochen aber nicht so wichtig ist, überlässt er diesen wahrscheinlich ganz entspannt Hund B. Das lernen Hunde sehr schnell. Dies wird aber in jeder Situation und mit jeder neuen Ressource unterschiedliche Ausgänge nehmen.
Welches Alter sollte der neue Vierbeiner haben?
Möchtest du einen erwachsenen Hund als Zweithund anschaffen, ist es von Vorteil, wenn es Informationen zur bisherigen Biographie gibt. So kannst du einschätzen, ob dein Lebensstil zu dem ins Auge gefassten Hund passt.
Du kannst gemeinsame Gassigehrunden machen, um zu schauen, ob die Chemie passt. Wenn möglich, mehrere zu verschiedenen Zeiten. Jeder Hund (und Mensch) hat unterschiedliche Tagesformen, die abhängig von Stimmung, Stressempfinden und Wettereinflüssen sind.
Soll es ein Welpe sein?
Vielleicht hast du dir überlegt, dass es es ein Welpe sein soll?
Welpen bringen den bisherigen Alltag gehörig durcheinander – was natürlich extrem viel Spaß macht, aber auch oft mehr Arbeit mit sich bringt, da er mehr Flausen im Kopf hat als ein adulter Hund. Ritualisierte Tagesabläufe verändern sich oftmals abrupt und mit den gewohnten Ruhe- und Schlafzeiten kann es auch vorbei sein. Ein Welpe benötigt viel Aufmerksamkeit und Erziehung. Es kann ein Balanceakt entstehen, denn dein Erster erhebt vielleicht auch den bisherigen Anspruch auf gewohnte Zweisamkeiten. Hier ist Organisation gefragt.
Wie ist der Stand der Erziehung deines Ersthundes? Kann sich ein Welpe Verhaltensmuster abschauen, die du deinem Hund schon länger abgewöhnen wolltet? Hunde lernen auch durch Nachahmung. Es macht einen Unterschied, ob dich ein Hund zur Begrüßung anspringt oder gleich zwei.
Optimale Bedingungen für eine positive Anpassung schaffen
Hast du dir einen Kandidaten ausgesucht und dieser wird als freundlich und umgänglich mit Mensch und Hund beschrieben, heißt das nicht automatisch, dass er die gleichen Verhaltensmuster bei dir auf Dauer zeigen wird. Verhalten wird der jeweiligen Umgebung angepasst. Ein Hund verändert sich grundsätzlich, wenn er langfristig seine gewohnte Umgebung verlässt und Neues erlernt. Natürlich ist es aber eine gute Voraussetzung, wenn er zuvor tolle und gute Erfahrungen gemacht hat und sich dies in seinem Verhalten widerspiegelt. Durch die neue Konstellation solltest du nur darauf achten, dass das so bleibt. Neue Spielregeln sofort einzuführen macht also Sinn, da dich eine konsequente Umsetzung im Umgang mit deinem Hund entspannen und unterstützen wird.
Positiv kann es verlaufen, wenn das neue Zuhause Wiedererkennungswerte für den Hund bietet: Zum Beispiel, wenn die vorherigen Halter gern sportliche Aktivitäten mit ihren Hunden zusammen gemacht haben und du ggf. ähnliche Interessen hast. Oder der Hund bereits gelernt hat, allein zu bleiben, da es bei dir Voraussetzung ist, etwa weil du ihn nicht mit zur Arbeit nehmen kannst.
Bitte treffe auch nicht die Entscheidung, einen Zweithund anzuschaffen, weil dein Ersthund nicht allein bleiben kann. Hier solltest du zuerst die Emotion des Hundes als auch die Ursache für das Nicht-alleine-bleiben herausfinden. In einigen Fällen kann es nämlich passieren, dass der Plan nach hinten losgeht und beide Hunde nicht alleine bleiben. Hier sollte unbedingt ein Verhaltensberater aufgesucht werden und das Alleinbleiben trainiert werden, bevor der neue Hund einzieht.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften. Als Dozentin ist Kristina Ziemer-Falke sehr gefragt und deutschlandweit auf Seminaren und Vorträgen zu Themen rund um den Hund anzutreffen.