Traumatisierter Hund

Allgemeines zum Verhalten

Ein traumatisierter Hund zeigt meist eine für die Situation unangemessene Furchtreaktion auf einen klar identifizierbaren Reiz bzw. mehrere Reize. Seine Reaktion ist übertrieben und zeichnet sich durch einen sehr starken Erregungszustand aus. Er hechelt beispielsweise und speichelt, ist angespannt, hat eine erhöhte Herzfrequenz und vokalisiert wohlmöglich. Ebenso kann er versuchen jede Chance zu nutzen, um zu fliehen und sich der jeweiligen Situation zu entziehen. Oft können auch Erbrechen, Durchfall und das Entleeren der Analdrüsen gezeigte Reaktionen sein.

Ein Trauma ist für den Hund ein schwerwiegendes emotionales Ereignis. Er erleidet Angst und nimmt die momentane Situation als Bedrohung wahr. Der Hund befindet sich in einer für ihn ausweglosen Situation und kann dieser nicht entfliehen. Auch hier zeigt er Angstverhalten und einen hohen Erregungszustand und entsprechende Symptome.

Welches Verhalten ein Hund zeigt, um eine Angstsituation zu überstehen, hängt von seiner Persönlichkeit und seinen bisher gemachten Erfahrungen ab. Neben Flucht- und Meideverhalten kann er ebenso Aggressionsverhalten zeigen.

Wie entsteht ein Trauma beim Hund?

Die Ursache einer Phobie bzw. eines Traumas können sehr vielfältig sein. So können beispielsweise Geräusche verantwortlich sein – ein Knall oder anderer Lärm, vielleicht von einem Staubsauger oder einem LKW usw.

Doch auch bestimmte Situationen können dazu führen, dass ein Hund panikartige Angst erleidet. Nehmen wir als Beispiel das Autofahren. Ist es vielleicht noch ein guter Start gewesen und der Hund stieg problemlos ins Auto ein, kann sich dies im Verlauf einer Autofahrt schlagartig ändern, wenn es zu Übelkeit kommt und infolgedessen zum Erbrechen oder zum Absetzen von Kot und Urin. Für den Hund ist dieser Moment entscheidend, denn er wird ggf. mit dem Autofahren künftig dieses schlechte Gefühl verbinden und einen sehr starken Erregungszustand aufweisen, wenn er wieder ins Auto einsteigen soll. Er wird vielleicht versuchen, der Situation zu entgehen und starke Stresssymptome zeigen.

Der Alltag bietet viele Herausforderungen. So kann auch der Verlust bzw. die Trennung von der Bezugsperson, ein Autounfall, der Besuch des Tierarztes oder des Hundefriseurs, andere Menschen allgemein usw. zu einer Phobie/einem Trauma führen. Es ist leichter, sinnvolle Maßnahmen und Trainingsschritte einzuleiten, wenn der auslösende Reiz klar definiert werden kann.

Wie gehe ich mit einem traumatisierten Hund um?

Ein traumatisierter Hund braucht Hilfe und daher empfehlen wir dir, die Unterstützung eines Hundeverhaltensberaters in Anspruch zu nehmen. Denn je nach Erlebnis und Schweregrad sind oftmals mehrere Maßnahmen von Nöten, um deinem Hund und dir wieder einen stressfreieren Alltag zu ermöglichen. Ein gutes Zusammenspiel zwischen Tierarzt, Tierheilpraktiker und Hundeverhaltensberater kann schnell Erfolge bringen.

Sicherheit sollte oberste Priorität haben. Ist es möglich, mit deinem Hund spazieren zu gehen, empfehlen wir dir das Anlegen eines Sicherheitsgeschirrs. Es verhindert, dass sich dein Hund aus dem Geschirr herauswindet und wohlmöglich sich und andere verletzt, wenn er beispielsweise panisch auf eine stark befahrene Straße rennt. Ein Freilauf sollte ebenfalls nur in abgesicherter Form erfolgen. Bedenke auch, dass dein traumatisierter Hund versuchen könnte, aus der Wohnung/dem Haus/dem Garten zu fliehen.

Ein sicherer Rückzugsort für deinen Hund Zuhause kann sehr hilfreich sein, gerade in solchen Situationen. Ist die Box an einem ruhigen Ort in der Wohnung positioniert, kann sich dein Hund nach Bedarf zurückziehen – Achtung, diese sollte nicht verschlossen werden, sondern der Hund kann jederzeit frei entscheiden, ob er dort hinein und wieder hinaus möchte. Leben kleine Kinder mit im Haushalt, ist es wichtig ihnen zu erklären, dass der Hund sich dorthin zurückziehen darf und nicht gestört werden sollte. Zusätzlich kannst du auch Zonen schaffen, in die sich dein Hund zurückziehen darf, zum Beispiel das Badezimmer oder die Nische unter der Treppe usw., sprich, überall, wo er sich wohl fühlt.

Tipps für den Alltag mit einem traumatisierten Hund

Auch wenn ein traumatisierter Hund herausfordernd ist und die Symptomatik einer Phobie/einem Trauma bei deinem Hund deine eigenen Nerven blank legen kann, ist eine positive Grundstimmung sehr wichtig. Manchmal leichter gesagt als getan, das stimmt!

Bedenke jedoch die Stimmungsübertragung. Bist du selbst unruhig, ängstlich oder unsicher, nimmt dein Hund diese Stimmung wahr. Doch gerade in Situationen, in denen er rastlos ist, ist es wichtig, ihm Sicherheit und Orientierung zu geben. Versuche also tief durchzuatmen und dich auf deinen Hund zu konzentrieren. Manchmal können verschiedene Atemtechniken Wunder bewirken.

Biete deinem Hund Körperkontakt an. Wichtig hierbei ist jedoch, dass du die Nähe nicht erzwingst oder aufdrängst. Dein Hund soll deine Unterstützung bemerken und selbst entscheiden können, inwieweit er körperliche Nähe zulassen möchte.

Dieser Artikel stellt keine Alternative zum Tierarztbesuch dar!


Kristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften. Als Dozentin ist Kristina Ziemer-Falke sehr gefragt und deutschlandweit auf Seminaren und Vorträgen zu Themen rund um den Hund anzutreffen.