Diese Frage stellen sich viele Hundehalter – meist immer dann, wenn etwas in der Kommunikation zwischen ihnen und ihrem Hund nicht ganz so rund läuft. Wir haben für dich einmal klassische Missverständnisse zusammengestellt, die dir helfen sollen, deinen Hund – und somit seine Verhaltensweisen – besser verstehen zu können.
Missverständnis 1: Gähnende Hunde sind immer müde
Hunde gähnen nicht nur, wenn sie müde sind, sondern es ist auch ein Anzeichen von Stress. Siehst du beispielsweise, dass dein Hund gerade mit anderen Hunden tobt und das Spiel ändert sich beispielsweise von einem Laufspiel in ein Solitärspiel, so verändert sich nicht nur der Kontext, sondern auch das Verhalten des Hundes. Dies kann Stress für den Hund bedeuten, den er unter anderem eben auch durch Gähnen anzeigen kann. Beobachte daher immer auch den Kontext, in dem sich der Hund befindet, dieser gibt Aufschluss darüber, ob er müde ist oder er sich in eine neue Situation einfinden muss.
Missverständnis 2: Mein Hund fletscht das eine oder andere Mal die Zähne, wenn er Menschen zur Begrüßung sieht
In der Tat wirkt es merkwürdig, wenn ein Hund auf einen zuläuft und der ganze Körper nach freudiger Begrüßung aussieht – bis auf sein Maul. Denn seine Zähne scheint er zu fletschen. Kann man diesen Hund nun streicheln? So wie es scheint, stehst du dann vor einem Hund, der „grinsen“ kann. Das Spannende daran ist, dass nicht jeder Hund grinst. Auch Forscher beschäftigt das Grinsen des Hundes, dennoch gibt es keine 100%ige Klarheit, warum Hunde das tun. Vermutet wird, dass Hunde sich das Grinsen vom Menschen abgeschaut haben und zur Kommunikation nutzen. Wölfe hingegen können nicht lächeln.
Missverständnis 3: Ein Hund, der mit seinem Schwanz wedelt, freut sich
Dies ist ein Klassiker. Früh lernen Kinder bereits (leider), dass das Schwanzwedeln bei Hunden (immer) Freude ausdrückt und ein solcher Hund gut gestimmt ist. Dabei stimmt dies nicht durchgängig, da Hunde zwar auch mit dem Schwanz wedeln, wenn sie sich freuen, aber in vielen unterschiedlichen Stimmungen auch. Wedelt ein Hund mit der Rute, sagt dies erst einmal nur aus, dass er zur Interaktion bereit ist. Also auch, wenn er Leute am Gartenzaun verbellt oder Aggressionsverhalten gegenüber anderen Hunden zeigt.
Schwanzwedeln wird von Hunden in unterschiedlichen Situationen gezielt zur Kommunikation eingesetzt. Schau dir zur richtigen Interpretation des Verhaltens also immer den jeweiligen, individuellen Kontext an.
Missverständnis 4: Hunde haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie etwas angestellt haben
Dieser Gedanke kommt oft auf, wenn der Hundehalter nach Hause kommt und der Hund demütig wirkt, wie durch einen gesenkten Kopf und einen schleichenden Gang. Meist steht das beim Hundehalter in Verbindung damit, dass der Hund ggf. in die Wohnung gemacht hat. Jedoch ist es eher so, dass der Hund nicht weiß, dass er etwas falsch gemacht hat. Er weiß aber, dass sich Herrchen oft aufregt, wenn er nach Hause kommt. Allerdings bringt er diese Reaktion nicht mehr mit der bereits lange zurückliegenden Missetat in Verbindung. Seine geduckte Körpersprache setzt der Hund zur Beschwichtigung ein, um die Situation zu entspannen.
Missverständnis 5: Einem Hund direkt in seine Augen zu sehen, sieht er immer als Bedrohung an
Einige Hunde empfinden in der Tat ein direktes Anschauen oft als sehr unangenehm. Hierbei gibt es u. a. zwei mögliche Strategien, drauf zu reagieren. Sie meiden den Blickkontakt zu uns oder aber sie zeigen Aggressionsverhalten. Dadurch aber, dass der eigene Hund mit uns zusammenlebt, baut sich jedoch eine vertrauensvolle Beziehung auf. So muss der Hund bei direktem Blickkontakt auch nicht in „Alarmbereitschaft“ gehen – was biologisch betrachtet unnötige Energieverschwendung wäre. Haben du und dein Hund eine gute Bindung, passiert sogar das Gegenteil. Oxytocin (das Hormon, das gerne als „Sozialkleber“ bezeichnet wird), bildet sich, wenn sich zwei näherstehende Lebewesen ansehen. Also, gerne mal einen Blick wagen!
Missverständnis 6: Ein Hund, der den eigenen Schwanz verfolgt, spielt
Speziell bei jungen Hunden ist zu erkennen, dass sie gerne mal den eigenen Schwanz jagen und sich dabei im Kreis drehen. Hier kommen die oben bereits erwähnten Übersprungshandlungen wieder ins Gespräch. Meistens ist dein Hund so oder so schon in einer aufgeregten Stimmung. Hunde drehen sich einige Male um sich selbst. Schärfe deinen Blick aber dafür, dass das Verhalten abzubrechen ist, es also nicht länger andauert, als auch der Hund es nicht in immer mehr Situationen zeigt, die keinen Anlass dazu geben. Das wäre der Bereich, der nichts mit Spiel und Stressabbau zu tun hat, sondern es zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung gekommen sein kann. An dieser Stelle sollte ein guter Hundeverhaltensberater unterstützend beraten.
Missverständnis 7: Ein Hund darf seinen Menschen nicht anknurren
Verständlicherweise ist es für einen Hundehalter meist überraschend, wenn einen der eigene Hund anknurrt. Hilflosigkeit und Enttäuschung stellen sich oft ein. Manchmal wird das Knurren auch als anmaßend eingestuft. Allerdings müssen wir uns bewusst machen, dass Knurren zum ganz normalen Repertoire seiner Kommunikation gehört. Er nutzt es, um zu drohen. Damit teilt ein Hund mit, dass er mit einer Situation nicht einverstanden ist und warnt somit, bevor er angreift. Durch das Knurren (also seine Warnung) hat sein Gegenüber die Möglichkeit, deeskalierend reagieren zu können, um einen Konflikt zu vermeiden. Dies muss der Hund also auch gegenüber seinem Besitzer anwenden können, um kommunizieren zu können. Daher kann es folglich auch nicht stimmen, dass der Hund den eigenen Halter nicht anknurren darf, denn Hunde nutzen es, um eigene Bedürfnisse zu kommunizieren, meist nach mehr Abstand oder dem Unterbrechen einer Handlung. Würdest du deinen Hund bestrafen, wenn er knurrt, könnte er lernen, dass Knurren zwar nicht erwünscht ist, aber stattdessen überspringt er das Drohen und schnappt direkt.
Missverständnis 8: Bellende und laute Hunde sind dominant
Manchmal verlaufen Hundebegegnungen auch etwas lauter. Bellen, knurren, pöbeln, imponieren, Drohverhalten. Viele Halter sind der Meinung, dass dies für eine Eigenschaft steht – nämlich, dass ihr Hund dominant sei. Dies ist jedoch nicht korrekt. Der Begriff „Dominanz“ beschreibt wissenschaftlich betrachtet nämlich keine feststehende Charaktereigenschaft, sondern ist eine Beziehung zwischen mindestens zwei Individuen. Somit hat Individuum A bestimmte Freiheiten gegenüber Individuum B, der dies ohne Beschwerde akzeptiert. Gleichzeitig kann dasselbe Paar auch in einer anderen Situation umgekehrt reagieren. Dominanzbeziehungen dienen dazu, ständig wiederkehrende Streitereien über Ressourcen und Privilegien zu vermeiden. Also eigentlich sehr praktisch und sie haben nichts mit Hierarchien oder Macht zu tun. Ein Hund kann also somit nicht per se dominant sein. Zudem empfinden wir Menschen „laut“ einfach meist als emotional negativ. Das lernen viele von uns meist schon im Kindertagen – so bewerten wir Gebell dann auch, obwohl dies nicht korrekt ist.
Missverständnis 9: Wenn mein Hund beim Abruf nicht direkt kommt, ist die Bindung zu ihm schlecht
Eigentlich lebst du gut und zufrieden mit deinem Hund. Alles läuft schön, nur der Abruf unter Ablenkung lässt zu wünschen übrig. Der Hund interessiert sich nämlich lieber für den wegspringenden Hasen, als für dich. Ein Beobachter steht daneben und erzählt uns, dass unser Hund nun eine schlechte Bindung hat … Achtung, das stimmt nicht. Eine Bindung baut sich über lange Zeit auf. Das ist etwas Exklusives! Das geht auch nicht so schnell kaputt und kein hoppelnder Hase zerstört uns unsere jahrelange Arbeit. Leider ist der ablenkende Reiz nur jetzt gerade attraktiver als wir. Hier heißt es: Training des Rückrufs. Aber keine Sorge, die Bindung bleibt.
Missverständnis 10: Aufreiten bei anderen Hunden ist ein Zeichen von übersteigerter Sexualität
Dein Hund reitet gerne das eine oder andere Mal auf? Keine Sorge, er ist nicht gleich sexuell hyperaktiv unterwegs. Hunde zeigen dies sogar eher weniger. In den allermeisten Fällen baut er darüber Stress ab. Der Hund weiß, dass es ihm besser geht, wenn er darüber Stress abbauen kann. Du kannst es leicht testen, indem du den Stressor eliminierst, dann müsste sich das Aufreiten einstellen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften.