Harnwegserkrankungen bei Hunden

Welche Aufgaben hat eigentlich der Harnapparat des Hundes? Wie äußern sich Harnwegserkrankungen bei Hunden? Was kann über eine Urinprobe des Hundes herausgefunden werden? Viele Fragen zu einem spannenden Thema, dem wir mehr Beachtung schenken sollten und wollen, denn die Harngesundheit kann viel über die allgemeine Gesundheit des Tieres aussagen.

Die Aufgabe des Harnapparats

Die Hauptaufgabe des Harnapparat des Hundes ist die Entfernung von Abfallprodukten aus dem Blut. Diese Abfallprodukte wurden zuvor über die Nieren gefiltert, in der Blase für kurze Zeit gelagert und schließlich durch den Urin ausgeschieden. Zum Harnapparat gehören also die Nieren, die Harnleiter, die Blase und die Harnröhre. Beim Rüden außerdem die Penisspitze und bei der Hündin der Scheidenvorhof. Alle Probleme, die mit dem Harnapparat zusammenhängen, werden allgemein gefasst als Harnwegserkrankungen bei Hunden bezeichnet.

Typische Symptome von Harnwegserkrankungen bei Hunden

Da Hunde sich uns nicht so mitteilen können, wie wir es bei eigenen Problemen beim Arzt tun oder Kinder es ihren Eltern beschreiben, müssen wir beim Hund auf Verhaltensänderungen achten. Möglich sind Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Inkontinenz oder auch Urin, der nicht normal aussieht, beispielsweise farblich stark abweicht. Außerdem könnte vermehrter Harndrang ein Indiz sein. Der Hund möchte ständig raus, setzt aber nur geringe Mengen Urin ab oder scheint Schmerzen beim Wasserlassen zu haben. Beobachtest du eines oder mehrere Symptome bei deinem Vierbeiner, solltest du ihn einem Tierarzt vorstellen. Vorab könnte es Sinn machen, Urin aufzufangen, um diesen im Labor untersuchen zu lassen. Rufe deinen Tierarzt vor deinem Besuch an, beschreibe die Symptome und frage, ob eine Urinuntersuchung sinnvoll wäre. Kommt eine Harnuntersuchung infrage, ist ein steriles Auffanggefäß wichtig, um keine Veränderung der Probe zu verursachen.

Harnuntersuchung

Die Untersuchung des Urins kann für die Ursachenfindung einer Harnwegserkrankung sehr aufschlussreich sein. So können sich Hinweise auf eine Nierenerkrankung, eine Harnwegsinfektion, eine Stoffwechselerkrankung (wie Diabetes) ergeben oder auch Harnsteine oder Tumorerkrankungen als Auslöser der Beschwerden des Hundes ausgemacht werden. Die Harnuntersuchung ist für die Diagnosefindung von großer Wichtigkeit. Sie wird bei Tieren mit akuten Beschwerden angewandt, ebenso bei älteren Hunden. Auch dient sie als Kontrolluntersuchung bei Hunden, die eine bestimmte Diät halten müssen, z. B. bei Diabetikern (hier wird auf Glucose und Ketonkörper untersucht). Bei Hunden, die eine harnsteinauflösende Diät verordnet bekamen, wird der Urin auf Kristalle untersucht.

Urinprobe

Damit der Harn durch das Labor untersucht werden kann, wird eine Urinprobe benötigt. Das gestaltet sich bei Hunden allerdings etwas schwieriger. Je nachdem, für welche Art der Untersuchung die Probe benötigt wird, kann diese durch den Halter aufgefangen werden oder muss durch den Tierarzt mittels Katheter gewonnen werden. Wird die Probe aufgefangen ist diese meist mit Zellen und Bakterien verunreinigt durch Schmutz und Haare der Umgebung der Harnröhrenöffnung bzw. des äußeren Genitaltrakts. Trotzdem kann bei dieser Variante ohne Probleme beispielsweise der Glucosewert bestimmt werden, was für Diabetiker oder bei Verdacht auf Diabetes mellitus wichtig ist. Gerade bei Rüden ist eine Probe des Spontanharns recht unkompliziert aufzufangen, bei Hündinnen benötigt man hingegen etwas mehr Geschick, eine Portion Glück und ein gutes Timing. Kleiner Tipp: eine ausgediente Suppenkelle kann hier super zum Einsatz kommen.

Wissenswertes zur Harngesundheit

Beobachtet man einen Rüden bei einer Gassirunde, könnte man vermuten, dass seine Blase eine erstaunlich große Menge Urin fasst – so viel, wie manch ein Hund markiert. Tatsächlich produziert ein gesunder Hund ungefähr 20 bis 40 Milliliter Urin pro Kilogramm Körpergewicht. Von Hund zu Hund kann diese Menge variieren, je nachdem, in welcher gesundheitlichen Verfassung sich der Hund befindet und wieviel dieser trinkt. Die Trinkwassermenge wiederum hängt mit der Futterart und der Bewegung des Vierbeiners zusammen. Bekommt dein Hund Nass- oder Rohfutter, wird er weniger trinken als ein Hund, der Trockenfutter bekommt. Die durchschnittliche Trinkmenge liegt bei ungefähr 90 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht.

Das Wasserlassen und der Urin können eine ganze Menge über die Gesundheit deines Hundes aussagen. Deshalb solltest du immer ein Auge darauf haben, wie der Urin und das Verhalten deines Vierbeiners aussehen. Setzt dein Hund ganz normal Urin ab? Ist die Farbe im Rahmen? Hier musst du dir übrigens nicht sofort Sorgen machen, sollte die Farbe einmal dunkler sein, denn manche Lebensmittel, wie beispielsweise Rote Beete, können den Harn dunkler färben, ebenso eine erhöhte Konzentration Urin, wie am Morgen nach einer langen Nacht.

Häufige Harnwegserkrankungen im Überblick

Blasenentzündung

Eine häufige Harnwegserkrankung beim Menschen und leider ebenso bei unseren Vierbeinern: die Blasenentzündung. Die Symptome ähneln sich dabei stark, denn auch der betroffene Hund verspürt zwar vermehrten Harndrang, muss dann aber nur geringe Urinmengen absetzen. Außerdem verspürt der Hund Schmerzen beim Wasserlassen und wird dies sicher auch durch sein Verhalten zeigen. Bei einer Blasenentzündung sind die unteren Harnwege, also Harnröhre und Harnblase, betroffen. Ausgelöst wird diese Entzündung vor allem durch Bakterien, in selteneren Fällen können auch Pilze, Viren oder sogar Parasiten der Auslöser sein. Eine Blasenentzündung kann, ebenso wie bei uns Menschen, akut oder chronisch sein. Eine akute Zystitis (so der Fachausdruck) tritt plötzlich auf und wird meist durch Bakterien verursacht. Eine chronische Erkrankung hingegen tritt immer wieder auf und wird als solche bezeichnet, wenn der Hund innerhalb von sechs Monaten mehr als zwei Blasenentzündungen hatte oder mehr als drei in einem Jahr.

Niereninsuffizienz

Dramatischer als eine Blasenentzündung ist die Niereninsuffizienz, denn ihr geht in den meisten Fällen eine große Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustandes des Hundes voraus, wie hoher Blutverlust, eine Vergiftung oder auch hohes Fieber. Meist führt der vorausgegangene Grund zu der Entwicklung einer akuten Niereninsuffizienz. Je nachdem, was dem Vierbeiner passiert ist, wird dies auch als erstes Symptom vom Hundehalter erkannt, sowie zusätzliche Unruhe, Durchfall oder Erbrechen. Außerdem uriniert der Hund kaum oder gar nicht und sollte schnellstens einem Tierarzt vorgestellt werden.

Bei einem chronischen Nierenleiden hingegen werden die Symptome erst zu einem recht späten Zeitpunkt deutlich. Der Vierbeiner wird nun, wenn etwa schon 2/3 der Nieren stark beeinträchtigt sind, seinem Halter durch Verhalten und Optik zeigen, dass etwas gar nicht stimmt. Das Fell glänzt nicht mehr, er wirkt ruhig und teilnahmslos und hat kaum Appetit oder Durst. Da der betroffene Hund nun mehr Wasserlassen muss als im gesunden Zustand, kann es auch passieren, dass häufiger in der Wohnung ein Malheur passiert.

Blasensteine

Tatsächlich können sich auch beim Hund Harnsteine bilden. Diese entstehen aus mineralischen Kristallen, die sich im Harntrakt des Vierbeiners festsetzen. Sie können in der Niere, der Blase, der Harnröhre oder im Harnleiter sitzen. Die Steine, die im Bereich der Blase vorkommen, werden entsprechend als Blasensteine bezeichnet.
Ein möglicher Grund für die Entstehung von Blasensteinen kann ein zu hoher Mineralgehalt im Futter sein. Aber auch ein erhöhter pH-Wert des Urins, bedingt durch eine Harnwegsinfektion, kann für die Bildung von Struvitsteinen ursächlich sein. Besonders wichtig für die Prävention ist ein Blick auf das Futter des Hundes und die Wasseraufnahme. Viel Kalzium, Magnesium und/oder Phosphor im Futter sind für die Bildung von Steinen förderlich. Außerdem sollte der Hund immer genug trinken.

Harninkontinenz

Auch die Harninkontinenz ist ein häufiges Thema in vielen Tierarztpraxen. Gerade bei älteren Hunden kann es vorkommen, dass sie unbeabsichtigt Urin verlieren. Die Ursache des Kontrollverlustes kann dabei recht unterschiedlich sein und sollte durch den Tierarzt abgeklärt werden. Nierenprobleme oder Diabetes könnten auch eine Inkontinenz als begleitendes Symptom verursachen, wobei dieses auch wieder verschwinden sollte, sobald die Haupterkrankung geheilt, eingestellt oder behandelt wurde.

Bist du dir unsicher, dann suche zum Wohle deines Tieres einen Tierarzt auf.

Dieser Artikel stellt keine Alternative zu einem Tierarztbesuch dar.


Kristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften.