Fischarten erfolgreich vergesellschaften

Die meisten Aquarianer pflegen ihre Zierfische nicht in einem reinen Artaquarium, sondern vergesellschaften gleich mehrere Arten miteinander. Es ist jedoch gar nicht so einfach, hier eine funktionierende und zueinander passende Fischgesellschaft zusammenzustellen. Sich einfach verschiedene Tiere auszusuchen, die dir gefallen, ist keineswegs eine gute Idee und geht in den meisten Fällen schief. Ohne professionelle Beratung oder ein Studium der Fachliteratur sind Anfänger in der Regel aufgeschmissen. Deshalb solltest du als noch wenig erfahrener Aquarianer dem Zoofachhändler deines Vertrauens vor dem Erwerb neuer Tiere auch immer erst mitteilen, welche Arten du bereits in deinem Aquarium pflegst.

Die gleiche Herkunft bedeutet nicht, dass Fische zusammenpassen

Von vielen Aquarianern wird bei der Vergesellschaftung viel zu viel Augenmerk auf die Herkunft der Tiere gelegt. So ist es häufig etwas verpönt, beispielsweise südamerikanische gemeinsam mit asiatischen Fischen zu pflegen. Dabei sagt die Herkunft noch gar nichts über die Ansprüche und Eigenschaften unserer Pfleglinge aus. Viel wichtiger als das Herkunftsgebiet sind die Ansprüche an die Wasserbeschaffenheit (Temperatur, Härte und pH-Wert), ihr soziales Verhalten und ihre Nahrungsbedürfnisse. Und dabei können selbst Fische entfernter Kontinente unter Umständen für die Pflege im Aquarium deutlich besser zueinander passen als solche, die im gleichen Flusssystem gemeinsam leben.

Die Wasserparameter schließen leider schon viele Fische aus

Wenn wir unser Hobby nicht mit gehörigem Aufwand betreiben wollen und uns ein geeignetes Wasser für die Pflege anspruchsvoller Zierfische eigens herstellen möchten, müssen wir Aquarianer in der Regel mit Leitungswasser zu Recht kommen. Dies ist in vielen Regionen recht hart und leicht alkalisch. Aber es kann sich von Ort zu Ort mitunter erheblich unterscheiden und sogar stellenweise recht weich sein. Erfahrene Aquarianer benutzen häufig entsalztes Wasser sowie Regen- oder Osmosewasser, um für anspruchsvolle Weichwasserfische eine geeignete Umgebung zu schaffen. Man kann sich vorstellen, dass Arten, die aus hartem und alkalischem Wasser stammen, sich in weichem und saurem Wasser ebenso unwohl fühlen wie umgekehrt. Insofern bestimmt die Wasserchemie in deinem Aquarium auch bereits, welche Tiere Du darin erfolgreich pflegen kannst. Weitere Arten schließen sich zur Pflege aus, wenn man sich für eine bestimmte Wassertemperatur entscheidet. Bitte informiere dich vor dem Erwerb über die Temperatur- und Wasseransprüche der von dir gewünschten Fische. Glücklicherweise sind die meisten Aquarienfische sehr anpassungsfähig und haben einen riesigen Toleranzbereich. Aber es gibt auch zahlreiche Ausnahmen.

Du solltest aber auch das Sozialverhalten der Tiere beachten!

Auch Aquarienfische zeigen häufig auffällige soziale Verhaltensweisen. Viele beliebte Fischarten, wie Salmler, Bärblinge und Panzerwelse, sind ausgesprochen friedliche Schwarmfische, die im Trupp in der Natur und im Aquarium umherziehen und aus diesem Grund auch nicht einzeln gepflegt werden sollten. Von solchen Tieren solltest du zumindest etwa 6-10 Fische erwerben und sie sind einfach mit anderen Arten kombinierbar. Viele Schmerlen, wie beispielsweise die Familie der Prachtschmerlen (Botiidae) sind zwar auch gesellige Tiere. Sie bilden jedoch meist Hierarchien und so kommt es auch im Trupp immer wieder zu Rangeleien und Auseinandersetzungen, manchmal auch zu Übergriffen auf andere Aquarienbewohner. Die meisten Buntbarsche sind revierbildend und beanspruchen mitunter vor allem während der Brutpflege große Bereiche des Aquariums als ihr Revier, das sie dann häufig vehement gegen andere Fische verteidigen und sie nicht selten dabei verletzen. Die Fische müssen also in erster Linie vom Verhalten zueinander passen. Territoriale Fische sollten nur gemeinsam mit robusten oder sehr schnell schwimmenden Fischen gepflegt werden. Arten, die dafür bekannt sind, dass sie bei anderen Fischen Stress verursachen, sollten nicht mit wenig schwimmfreudigen oder gar großflossigen Tieren kombiniert werden. Ein gutes Beispiel ist die beliebte aber mitunter lästige Sumatrabarbe, die für Kampffische oder Skalare tödlichen Stress bedeuten kann.

Kakadu-Zwergbuntbarsche bilden Reviere – das gilt es bei der Vergesellschaftung zu berücksichtigen.

Bitte auch die Nahrungsansprüche der verschiedenen Arten berücksichtigen!

Selbst wenn die Fische in ihren Ansprüchen an die Wasserbeschaffenheit sowie im Verhalten zueinander passen, können auch noch nicht zueinander passende Nahrungsansprüche ein Ausschlusskriterium sein. In der Natur nehmen viele Zierfische als Anpassung an ihre Lebensräume und deren spezielles Nahrungsangebot verschiedenste Nahrung zu sich. Bei näherer Betrachtung gibt es erstaunliche Spezialisierungen, wie beispielsweise Aufwuchs fressende Arten, die den Bewuchs mit Algen und Kleinstlebewesen von den Steinen oder Hölzern abweiden. Im Aquarium erweisen sich viele Fische jedoch auch beim Fressen als extrem anpassungsfähig. So fressen sich in der Natur fast ausschließlich pflanzlich ernährende Tiere hier häufig problemlos auch fleischliche Kost. Jedoch ist ihr Verdauungstrakt nicht für die Erschließung von tierischem Eiweiß geschaffen. Probleme bei solch falscher Ernährung sind also vorprogrammiert. Die Tiere können im schlimmsten Fall verfetten, erkranken und dann eingehen. Im Groben und Ganzen lassen sich die Aquarienfische in Pflanzen-, Fleisch- und Allesfresser unterscheiden. Während die Fleisch- und Allesfresser in der Regel problemlos miteinander zu vergesellschaften sind, sollten spezialisierte Pflanzenfresser besser nur miteinander kombiniert werden, um eine dauerhafte Fehlernährung auszuschließen.

Zu gierige Fresser im Gesellschaftsaquarium vermeiden

Aber auch das Fressverhalten einiger Arten kann Probleme verursachen. Sehr gierige Fresser können den anderen Mitbewohnern alles wegfressen und dafür sorgen, dass sie kaum noch Nahrung abbekommen und abmagern. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Liniendornwels, der kein guter Gesellschaftsfisch ist. Den ganzen Tag über verbringt er versteckt in der Dunkelheit, kommt aber bei der Fütterung als einer der ersten hervor, frisst so viel bis er fast platzt und verschwindet danach wieder. Solche Welse sind in einem Gesellschaftsaquarium meist stark verfettet, während andere Fische kaum etwas abbekommen.

Fazit

Wie du siehst, ist die Zusammenstellung einer sinnvollen Fischgemeinschaft in einem Gesellschaftsaquarium gar nicht so einfach, insbesondere für diejenigen, die das schöne Hobby Aquaristik noch nicht so lange betreiben. Scheue dich deshalb nicht, den Zoofachhändler oder erfahrene Aquarianer lieber einmal mehr zu fragen als später das Ableben von Tieren durch falsche Haltungsbedingungen oder eine falsche Gesellschaft verantworten zu müssen. Es gibt keine dummen Fragen. Dumm ist es viel mehr, sich völlig ahnungslos Fische anzuschaffen!


Ingo Seidel ist seit seiner Kindheit von der Natur begeistert und bekam im Alter von sechs Jahren sein erstes Aquarium. Sein Spezialgebiet sind die Welse, aber als engagierter Mitarbeiter im Zierfischgroßhandel hat er mittlerweile sehr gute Kenntnis von den meisten Süßwasserfischen erlangt. Er ist Autor unzähliger Berichte in Aquarienzeitschriften und veröffentlichte mittlerweile auch diverse Fachbücher. In der Internationalen Gemeinschaft Barben-Salmler-Schmerlen-Welse war er jahrelang Leiter der Sparte Welse, aktuell ist er dort Redakteur des BSSW-Reports.