Das Corona-Virus beschäftigt uns alle auf die eine oder andere Weise. Jeder hat seine eigenen Gedanken und Gefühle zu diesem Thema. Jeder erlebt die aktuelle Zeit anders. Ich habe gestern mit einer Freundin telefoniert. Sie hat 8 Katzen, und mich hat es einfach interessiert, wie sie die Zeit verbringt und ob die Corona-Krise Auswirkungen auf das Zusammenleben mit ihren Katzen hat. So richtig vorstellen konnte ich mir das nicht, denn ihre Katzen sind Freigänger, die kommen und gehen wann sie wollen. Was sollte sich da schon groß im Alltag verändern? Umso interessanter fand ich ihre Antwort:
Ich empfinde die Anwesenheit von Tieren während einer Krise als sehr angenehm, insbesondere, weil es nun auch eine Kontaktsperre gibt. Nicht nur die Anwesenheit von Haustieren. Auch jedes Wildtier, das mir in diesen Tagen begegnet, erinnert mich an die Schönheit unserer Welt und daran, dass es eine selbstverständliche Ordnung gibt, die Ruhe und Vertrauen ausstrahlt. Meine Katzen wirken dabei besonders ausgleichend. Sie sind Weltmeister im Chillen und ihre Unabhängigkeit ist beneidenswert. Sie verkriechen sich auch nicht. Sie kümmern sich einfach gar nicht um das Virus.
Tiere bleiben im Moment
Ich fand ihre Gedanken sehr inspirierend. Das haben uns wohl alle Tiere voraus: die Fähigkeit, im Moment zu bleiben. Sie können gar nicht anders. Sie profitieren von ihrer Unfähigkeit, in der Vergangenheit zu kramen, oder sich Sorgen um die Zukunft zu machen. Sie eilen nicht voraus, und blicken nicht zurück. Ich finde das auch für uns Menschen erstrebenswert. Sich einfach dem Leben hingeben, genießen, was uns gefällt und alles andere zumindest zu akzeptieren.
Das einzige Corona-Thema in Bezug auf die Katzen, das sich meiner Freundin anfangs aufgedrängt hat, war die Vorratsfrage. Sie hat sich aber dazu entschieden, nicht zu hamstern – weder für sich, noch für die Katzen, denn Letztere würden das auch nicht tun. Eine gute Entscheidung wie ich finde, denn irgendwie müssen die Menschen, die an der Aufrechterhaltung der Versorgungskette beteiligt sind, das auch irgendwie schaffen können. Doppelte und dreifache Arbeit teils mit gleicher, aber teils auch mit stark eingeschränkter Besetzung. Außerdem empfinde ich das Horten von Vorräten als ein Begleitsymptom von Angst, in einer Zeit, in der ich mich davon lieber nicht schwächen lasse.
Von Tieren lernen in Zeiten von Corona
Am Morgen nach meinem Telefonat bin ich mit meinen Hunden spazieren gegangen, in ein ruhiges Waldstück, in dem ich mir sicher war, niemandem zu begegnen. Hinter einer Kurve tauchten in einiger Entfernung zwei Rehe auf, die auf einer kleinen Wiese ästen. Keine Seltenheit dort, wo ich unterwegs bin. Der Wind stand günstig, sodass meine Hunde sie nicht sofort witterten. In den Sekunden, in denen ich die Rehe beobachtete, fielen mir die Katzen wieder ein. Genau wie sie, verkrochen sich auch die Rehe nicht. Es ist ja bekannt, dass Wildtiere bei drohender Gefahr unruhig werden und die Flucht ergreifen. Die Rehe wirkten aber ganz und gar nicht beunruhigt. Natürlich weiß ich, dass Corona keine Gefahr für die Rehe darstellt, und sie gar keinen Grund gehabt hätten, zu fliehen, aber mein Herz hat sich trotzdem über die ganz und gar unwissenschaftliche Erkenntnis gefreut, dass alles gut wird. Und überhaupt, wer hätte gedacht, dass ich von Katzen etwas lernen kann?
Aus Distanz entsteht jetzt Nähe
Ja, Corona zwingt uns, unser Leben umzukrempeln, unseren Alltag zu verändern, und uns von Menschen fernzuhalten, die nicht mit uns in einem Haushalt leben. Distanz schreit es uns aus jeder Ecke entgegen. Aber schafft diese erzwungene Distanz nicht in Wirklichkeit eine Nähe, die uns in dieser Intensität vielleicht vorher verborgen geblieben wäre? Nähe zu uns selbst und zur Natur. Zu unserer Familie. Und natürlich zu unseren Katzen, Hunden, Pferden, Hamstern und allen anderen Haustieren, die die Quarantäne zu einer besseren Zeit machen und uns helfen, den Kopf oben zu halten.
Übrigens: die Rehe sind sofort weg gesprungen, als meine Hunde das Bellen anfingen. Das war ja auch eine echte Gefahr!